© Jugenkirche

Wenn Kirche zur großen Bühne wird

Mon, 07 Aug 2023 11:18:06 +0000 von Simon Burger

Stell dir vor, wir gehen in die Kirche und irgendwie ist alles anders als sonst. Hier halten Jugendliche statt Erwachsener die Fürbitte, sprechen über Themen, die ein junges Publikum berühren und auf der Bühne der Kirche, die in buntes Licht und Nebel getaucht ist, formatieren sich Yoda und Darth Vader, um einen epischen Kampf zu führen. Star Wars und Kirche – wie passt das zusammen und vor allem zur Kirche? „Jedes Thema passt zur Kirche, es kommt nur darauf an, wie man es verpackt“, sagt Maximilian Winkler. Der Auszubildende ist 18 Jahre alt, Vorsitzender der Jugendkirche Bäderregion und hat in der Paulusgemeinde in Bad Lauterberg gemeinsam mit seinem Team Event-Gottesdienste ins Leben gerufen. „Die Botschaft im Gottesdienst ist immer die Gleiche: Es geht um Liebe und Hass, um Freunde und Feinde, um Gutes und Böses – und das alles lässt sich doch immer neu verpacken“, erklärt Maximilian Winkler. Diese „neue“ Kirche kommt nicht nur bei Gleichaltrigen gut an. Beim Abba-Gottesdienst musste das alterstechnisch bunt gemischte Publikum auf den Kirchenbänken zusammenrücken und hat bei den Akteuren mit tosendem Applaus für Gänsehautmomente gesorgt. „Für eine positive Resonanz stand auch der Kollektebeutel, der deutlich voller war als sonst“, sagt der junge Vorsitzende. 
 
 „Wenn junge Leute Kirche selbst gestalten, leisten sie wertvolle Überzeugungsarbeit bei Gleichaltrigen – denn sie denken Kirche neu“, sagt Jugendpastor Simon Burger. Der 38-Jährige hat im Harzer Land mit Hilfe der Evangelischen Landeskirche und der Bäderregion im Harz das Projekt „Jugendkirche“ aus der Taufe gehoben. Seit 2020 sind junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren damit beschäftigt, in der Paulus Gemeinde eine eigene Kirche aufzubauen. Mit moderner Musik, Raum für Experimente und auf der Suche nach Formen, in denen sie ihren christlichen, modernen Glauben leben können. „Uns geht es darum, für junge Erwachsene die biblischen Inhalte und das, was uns im Glauben ausmacht, transportieren zu können – da darf die Form ruhig kreativ sein“, sagt Burger. So sind die so genannten Event-Gottesdienste entstanden, die von den Jugendlichen selbst konzeptioniert und organisiert werden. Und zwar von den ersten Ideen bis zur Aufführung. Der Jugendkirchenvorstand diskutiert die Vorhaben, entscheidet, übernimmt so Verantwortung und verwaltet dafür ein eigenes kleines Budget. Maximilian Winkler ist einer von drei Vorsitzenden, die viel Zeit in die Kirchenarbeit investieren. „Zwischen zehn und 20 Stunden habe ich jede Woche zu tun, aber Kirche ist meine Leidenschaft“, sagt der junge Mann.
 
 Mit Projekten wie den Event-Gottesdiensten, für die im Kirchenalltag bislang kein Raum vorgesehen war, richtet sich die Jugendkirche – unabhängig von religiösen und konfessionellen Bindungen – an Menschen aus dem Harzer Land und der Bäderregion.

 „Die Resonanz beweist, dass wir einen guten Job machen.“ 
 Nach der Star Wars-Premiere hat die „JuKi Paulus“, wie sich die Jugendkirche selbst nennt, noch zwei weitere große Shows - einen Harry Potter – und den Abba - Gottesdienst – aufgeführt. „Aus Spendengeldern konnten wir mittlerweile den Innenraum der Kirche ein Stück weit modernisieren, mit Licht und Technik ausstatten, damit wir solche Events in Zukunft noch häufiger anbieten können“, sagt Simon Burger.

Weiterhin haben sich die Teamerinnen und Teamer aus der Jugendkirche zur Aufgabe gemacht, den Konfirmandenunterricht der Paulus Gemeinde mitzugestalten, Konfirmandenfreizeiten, Bälle und Camps zu organisieren. „Bei alledem halten wir uns als Erwachsene ganz bewusst im Hintergrund, denn wir wissen selbst, dass es etwas anderes ist, ob Erwachsene oder junge Leute mit den Jugendlichen über den Glauben ins Gespräch kommen“, so der Jugendpastor. Er hofft, dass diese so möglichst viel Positives mit Kirche verbinden und sich auch über die Konfirmandenzeit hinaus mit Kirche verbunden fühlen.

„Die Nachhaltigkeit zeitgemäßer, junger Kirche wird schon jetzt sichtbar, da sich tatsächlich einige Ehrenamtliche dafür entscheiden, sich hauptberuflich beispielsweise als Diakon für die Kirche zu engagieren, oder sogar Theologie zu studieren“, hat Simon Burger beobachtet. Dass die Rechnung offenbar aufgeht, beweisen aber auch die Planungen für das demnächst anstehende Konficamp. Insgesamt 50 Teamer haben sich angemeldet, um die ebenfalls 50 Jugendlichen auf der Ferienfahrt in die Niederlande zu begleiten – 25 der Kirchenmitarbeiter sind neu dabei. „Das ist ein starkes Zeichen und beweist, dass wir hier in der Jugendkirche einen guten Job machen“, findet Maximilian Winkler.

 Tanja Niestroj/EMA 
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